Ich stelle vor: Ihr Beckenboden

Hallo, mein Name ist Phillipa Butler. Ich bin diplomierte Physiotherapeutin und zertifizierte Pilates- und Yogalehrerin.

Meine Lebensphilosophie lautet: Vorbeugen ist besser ist als Heilen. Ich glaube, dass ein regelmäßiges, angemessenes Bewegungsprogramm der Schlüssel zu einer langfristig besseren Gesundheit ist. Auch Blasenschwäche bildet da keine Ausnahme. Dennoch ist das Thema etwas schwieriger. 

Ich interessiere mich schon immer dafür, was im Körper vor sich geht. Wenn wir ein Problem haben, kann uns dieses Wissen helfen, es zu beheben.

Was ist der Beckenboden und was sind seine Aufgaben?

Der Beckenboden besteht aus mehreren Muskeln, die eine Schlinge oder Hängematte formen und so den Boden der Bauch- und Beckenhöhle bilden. Die Muskeln verlaufen vom Schambein bis zum Steißbein und von einer Seite des Beckens zur anderen. 

Das sind die beiden Hauptfunktionen des Beckenbodens:

  1. Stützen der Bauch- und Beckenorgane
  2. Unterstützung der Blasen- und Darmkontrolle

Die Beckenbodenmuskeln

Uns interessieren vor allem die farblich hervorgehobenen Muskeln. Sie umgeben die Öffnungen des Beckenbodens und helfen uns, Harn und Stuhl zu halten. Diese Muskelgruppe wird Levator Ani genannt.

Sehen Sie sich in meinem Video die Anatomie des Beckenbodens etwas näher an: Anatomie des Beckenbodens für Einsteiger.

Beckenbodenmuskeln: Was schief läuft und warum

Es gibt verschiedene Beschwerden des Beckenbodens. Sie lassen sich aber grob in zwei Gruppen unterteilen: Störung der Stützfunktion (z. B. Beckenorganprolaps) und Schließmuskelprobleme (z. B. Harn- und Stuhlinkontinenz). Letztere lassen sich außerdem in Dysfunktionen der Kontraktion (Stuhl- und Harninkontinenz) und Entspannung des Beckenbodens (Verstopfung und Harnverhalt) unterteilen.

Es gibt viele Faktoren, die Beckenbodenprobleme begünstigen. Bei Frauen sind das häufig Schwangerschaft und Geburt.

Mögliche Auswirkungen von Schwangerschaft und Geburt

Vaginale Entbindungen steigern das Risiko für Funktionsstörungen des Beckenbodens. Eine Studie aus dem Jahr 2013 ergab, dass die vaginale Geburt eines Kindes das Risiko für Harninkontinenz um 67 Prozent erhöht. Im Vergleich zu einem Kaiserschnitt ist das Risiko einer Harninkontinenz, die länger als zehn Jahre anhält, sogar um 275 Prozent erhöht.

Die Geburt von drei oder mehr Kindern erhöht das Risiko einer Beckenbodenschwäche ebenso wie Verletzungen der Beckenbodenmuskulatur, der Nerven oder der Faszien bei einer Geburt. 

Mögliche Ursachen von Verletzungen sind:

  • Geburt eines Babys mit einem großen Kopf, der die Beckenbodenmuskeln überdehnt
  • Verwendung von Instrumenten (Zange oder Saugglocke)
  • Dammrisse (2., 3. oder 4. Grades)
  • Dammschnitt (Episiotomie) und/oder
  • Eine lange Austreibungsphase. 

Sonstige begünstigende Faktoren sind:

  • Alter 
  • Hormonhaushalt
  • Übergewicht
  • Operationen
  • Verstopfung
  • Belastung durch Sport
  • Chronische Erkrankungen der Atemwege
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Wie kann ich meinen Beckenboden stärken?

Die gute Nachricht ist, dass Beckenbodenübungen sehr wirksam darin sind, den Beckenboden zu stärken. Die Stärkung der Beckenbodenmuskulatur kann die Symptome von Stressinkontinenz und allen anderen Arten von Harninkontinenz heilen oder verbessern. Legen wir los!

Beckenbodenübungen, aber richtig!

Wussten Sie, dass Beckenbodenübungen richtig ausgeführt werden müssen? Laut einer Studie kommt es erstaunlich oft vor, dass Frauen das Beckenbodentraining falsch ausführen! Bump et al stellten fest, dass 50 Prozent der Frauen nach einer kurzen mündlichen Anweisung den Beckenboden nicht richtig anspannen konnten, und dass die Hälfte von ihnen stattdessen etwas tat, was ihre Symptome sogar verschlimmern könnte.

Der erste und wichtigste Schritt besteht darin, die richtigen Muskeln zu identifizieren. Und da ist es hilfreich, Ihren Körper so gut wie möglich zu kennen.

Sobald Sie wissen, wo sich die Muskeln befinden, können Sie lernen, sie richtig anzuspannen:

  1. Probieren Sie zum Beispiel, wenn Sie das nächste Mal zur Toilette gehen, den Harnfluss ein oder zwei Sekunden lang zu unterbrechen. Denken Sie aber daran, dass Sie diese Übung nicht regelmäßig durchführen sollten.
  2. Stellen Sie sich vor, dass Sie den Harnfluss unterbrechen und/oder Blähungen einhalten. 
  3. Wenn Sie mit Tampons Erfahrung haben, können Sie sich vorstellen, dass Sie einen Tampon mit den Vaginalmuskeln nach oben drücken.
  4. Stellen Sie sich den Beckenboden als Raute vor, die vorne am Schambein, hinten am Steißbein und seitlich an den beiden Sitzknochen befestigt ist. Stellen Sie sich jetzt vor, dass Sie diese Punkte näher zusammenziehen, von vorne nach hinten, von Seite zu Seite oder beides gleichzeitig!
  1. Stellen Sie sich den Beckenboden wie die Mitte eines Taschentuchs vor und ziehen Sie die Mitte dieses Taschentuchs nach oben.
  2. Betrachten Sie in einem Spiegel, wie sich der Damm nach oben bewegt.

Denken Sie daran, dass es wichtig ist, bei diesen Übungen NIEMALS „nach unten zu drücken“ oder den Atem anzuhalten.

In meinem Video „Den Beckenboden finden und fühlen“ sehen Sie eine Demonstration, wie man die richtigen Muskeln anspannt.

Sie sind an der Reihe

Ich hoffe, Sie wissen jetzt ein wenig besser, was Sie für Ihre Beckengesundheit tun können.  Denken Sie daran: Bewegung ist Medizin für Körper und Geist. Und wenn Sie dran bleiben, werden Sie auch einen Unterschied spüren. Handeln Sie lieber früher als später, um Ihre Gesundheit jetzt zu verbessern und eine Verschlimmerung zu verhindern.

Wenn Sie nicht sicher sind, ob diese Ratschläge für Sie geeignet sind, wenden Sie sich an eine medizinische Fachkraft.

Video 1: Eine Tour durch den Beckenboden

Video 2: Die Beckenbodenmuskeln finden und fühlen

Stellen Sie sich den Beckenboden als Raute vor, die vorne am Schambein, hinten am Steißbein und seitlich an den beiden Sitzknochen befestigt ist. 

Wenn Sie nicht sicher sind, wie es sich anfühlt, den Beckenboden bewusst anzuspannen, probieren Sie zum Beispiel, wenn Sie das nächste Mal zur Toilette gehen, den Harnfluss ein oder zwei Sekunden lang zu unterbrechen. Sie sollten diese Übung aber nicht regelmäßig durchführen.

Wir sehen uns jetzt einige Möglichkeiten an, wie Sie die Beckenbodenmuskeln anspannen können.

  1. Stellen Sie sich vor, dass Sie den Harnfluss unterbrechen und/oder Blähungen einhalten. 
  2. Wenn Sie mit Tampons Erfahrung haben, können Sie sich vorstellen, dass Sie einen Tampon mit den Vaginalmuskeln nach oben drücken.
  3. Stellen Sie sich jetzt vor, dass Sie die Knochen, an denen die Muskeln ansetzen, näher zusammenziehen, zuerst das Schambein und das Steißbein von vorne nach hinten. Dann die Sitzknochen von Seite zu Seite. Sie können sogar beides gleichzeitig tun!
  4. Es könnte Ihnen auch helfen, sich den Beckenboden wie ein Taschentuch vorzustellen und die Mitte dieses Taschentuchs nach oben zu ziehen.
  5. Betrachten Sie in einem Spiegel, wie sich der Damm nach oben bewegt.
  6. Zu guter Letzt könnten Sie auch einen Daumen in die Vagina einführen, um die Kontraktion der Muskeln zu spüren

Wenn Sie gesundheitliche Probleme oder Bedenken haben, sprechen Sie immer mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, bevor Sie mit neuen Übungsprogrammen beginnen.


Quellen

Bump RC, Hurt WG, Fantl JA, Wyman JF. Assessment of Kegel pelvic muscle exercise performance after brief verbal instruction. Am J Obstet Gynecol. 1991 Aug;165(2):322-7; discussion 327-9. doi: 10.1016/0002-9378(91)90085-6. PMID: 1872333.

Dumoulin C, Cacciari LP, Hay-Smith EJC. Pelvic floor muscle training versus no treatment, or inactive control treatments, for urinary incontinence in women. Cochrane Database Syst Rev. 2018 Oct 4;10(10):CD005654. doi: 10.1002/14651858.CD005654.pub4. PMID: 30288727; PMCID: PMC6516955.

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Raizada V, Mittal RK. Pelvic floor anatomy and applied physiology. Gastroenterol Clin North Am. 2008 Sep;37(3):493-509, vii. doi: 10.1016/j.gtc.2008.06.003. PMID: 18793993; PMCID: PMC2617789.